FLADM VIKTOR TOYKA: Dienst in Zeiten des Wandels

Rezension von Generalleutnant a.D. Dr. Klaus Olshausen:
ln einer Zeit, in der immer wieder von der "eigenen Tradition der Bundeswehr" - in Ab- und Ausgrenzung zur deutschen Militärgeschichte, insbesondere der Wehrmacht - gesprochen wird, ist es bedeutsam und hilfreich, lnformationen aus dem inneren Leben und "Erleben" unserer Bundeswehr in unterschiedlichen Einheiten und Stäben, das Ministerium eingeschlossen, aufnehmen zu können.
Als Marineoffizier war Viktor Toyka 40 Jahre aktiv Mitwirkender von seiner Ausbildung als Offiziersanwärter der Crew lV/66 in Glückstadt 1966 bis zur Mitgestaltung der neu eingerichteten Streitkäftebasis (SKB) Anfang der 2000erJahre und der Umgestaltung der Ausbildung für den General-/Admiralstabsdienst an der FüAkBw bis 2006.
Es ist ein persönliches Buch, aber keine Autobiographie. Es ist ein sachliches Buch, aber kein Sachbuch. Fangen Sie einfach an zu lesen und Sie werden weiterlesen. Es ist spannend. Die Umgebung, in der er handelt, wird plastisch erfahrbar. Seine eigene Persönlichkeitsentwicklung vom Offizieranwärter der Crew zum Flottillenadmiral darf man miterleben. Die einzelnen Etappen der Ausbildung zum Offizier sind Erlebnisberichte, in dem auch Licht und Schatten der gelebten Menschenführung in der Heranbildung des Offiziernachwuchses erkennbar werden.
Drei wichtige Themenfelder werden als zentrale Elemente seines Berufslebens auf mehreren Führungsebenen und in unterschiedlichen Funktionen erleb- und nachvollziehbar:

1. Taktische und operative Ausbildung, intensives, realistisches Leben im nationalen und multinationalen Rahmen,
2. Aufbau und Weiterentwicklung der maritimen Fähigkeiten der Marine, konzeptionell, strukturell und organisatorisch - immer in einem (zu) engen Budgetrahmen; und insbesondere
3. Führung in und von Streitkräften - für den Autor immer getragen von der unauflöslichen Verknüpfung des Beherrschens der Technik mit der gelebten Menschenführung, mit dem Zusammenhalt einer Mannschaft, die sich ihrer professionellen Aufgabe stellt, wobei die klare und offene Kommunikation zwischen allen Ebenen und Bereichen zwingend dazugehören.

Nach Einsätzen auf verschiedenen U-Booten und Zerstörern, seiner Admiralstabsausbildung an der FüAk, mehreren Verwendungen im Führungsstab der Marine und bei Generalinspekteur Wellershof sowie seinem Einsatz als Kommandeur eines Fregattengeschwaders wurde er ein wesentlicher Träger des Aufbaus des 1995 neu aufgestellten Führungszentrums der Bundeswehr. Nach einer intensiven Zeit als Leiter der Operationsabteilung im Flottenkommando hat er sich im SKA der Aufgabe gestellt, als Teil der "Reform von Grund auf" am zügigen Aufbau der neuen SKB mitzuwirken. Seine letzte Verwendung als Stv Kdr der FüAk brachte ihn zurück in die Ausbildung, wo er intensiv an deren Modernisierung mitwirkte, die 2004 mit dem Start des ersten Lehrgangs "Generalstabs-/Admiralstabsdienst Streitkräfte" verwirklicht wurde. Zum Wesen des Vorgesetzten zog er den Schluss: "So sind wir gute Vorgesetzte oder schlechte - einen Mittelweg gibt es nicht".


Rezension von Raimund Wallner:
Flottillenadmiral a.D. Viktor Toyka ist VDU-Mitglied und gehört zu den wenigen U-Bootkommandanten der Bundesmarine/Deutschen Marine, die auch auf "Dickschiffen" ihren Wimpel setzen konnten. Er ist nach Kenntnis des Rezensenten bis heute der einzige Flaggoffizier, der im Laufe seines Werdegangs sowohl unter als auch über Wasser Kommandogewalt innehatte. Hinzu kommen Verwendungen mit Teilstreitkraft übergreifendem (joint) Charakter, so dass sein mit flotter Feder geschriebenes Buch nicht nur für den marinegeprägten Leser mit interessanten Inhalten aufwartet.
Toyka verrät gleich zu Beginn, dass die Memoiren eines anderen Admirals der Nachkriegszeit ihn motivierten, seine auf Basis von Tagebüchern verfassten dienstlichen Erinnerungen zu veröffentlichen.
Entstanden ist daraus ein kurzweiliges, lehrreiches und klug geschriebenes Konglomerat aus Erfahrungen, Anekdoten, Erfolgen und auch Rückschlägen. Gerade letztere sind es, die das Buch so authentisch und :hrlich machen, zeigen sie doch, dass auf dem Weg vom Matrosen zum Admiral streckenweise Untiefen lauern, die nicht immer vermieden werden können und von denen wieder freizukommen, alles andere als einfach ist. Um auch aus dem Scheitern gestärkt hervorgehen zu können, bedarf es mehr als der eigenen Anstrengung. Das geht nicht ohne die Unterstützung und oft auch den Einfluss von Weggefährten, seien sie gleichgestellt, untergeben oder vorgesetzt. Dies herausgearbeitet zu haben, ist ein unverwechselbares, sympathisches Merkmal dieses Buches. Das geschieht ohne Selbstbeweihräucherung und wirkt umso glaubwürdiger, wenn Toyka sein Licht - wo angebracht - aber auch nicht unter den Scheffel stellt. Die aus Sicht des Autors positiven Charaktere auf seinem Weg honoriert er mit vollem Namen, andere finden nur mit Anfangsbuchstaben Erwähnung, was dem einen oder anderen kundigen und älteren Leser aber keine Rätsel aufgeben dürfte.
Ereignisse mit Unterhaltungswert und Humor finden sich überall in den fünf Kapiteln; wenn sie Bestandteil von Entwicklungen waren, widmet ihnen der analytische und historisch gebildete Geist Toyka mehr als nur Erwähnung. So erfährt der Leser vom dornenreichen Aufbau der U-Bootwaffe aus den rein auf die Beherrschung von Tauchtechnik und Fahrbetrieb konzentrierten Anfängen über die von endlosen Fehlschüssen mit dem drahtgelenkten Torpedo geplagten Anstrengungen, bis hin zur schließlichen Beherrschung des Waffensystems nach Jahren der Mühsal, an deren Überwindung er seinen Anteil hatte. Oder wir lesen vom kaum bekannten deutschen Beitrag zur gefechtsmäßigen Vorbereitung auf den ersten lrak-Krieg im Atlantik, als zwei Zerstörer der HAMBURG-Klasse im Januar 1991 - die BAYERN unter Toykas Kommando - ihre Exocet-Flugkörper in scharfem Schuss auf amerikanische Trägerkampfgruppen abfeuerten. Dass der Autor ab 1995 aktiv und mit kreativem Engagement bei der Gründung des Führungszentrums der Bundeswehr in entscheidender Position beteiligt war und so einen wichtigen intellektuellen und organisatorischen Beitrag beim Wandel der deutschen Streitkräfte zur Einsatzarmee lieferte, sei als Beispiel für seine "Jointness" herausgegriffen.
Seine enorme Verwendungsbreite und die daraus geschöpften und akkumulierten Erfahrungen scheinen immer wieder durch, wenn er uns mitnimmt in 40 Jahre Dienst für sein Land. Dass der Dienstherr diesen Schatz im Großen und Ganzen auch zu heben wusste und in ein sinnvolles Kosten-Nutzen-Verhältnis brachte, zeigen die anspruchsvollen und herausfordernden Dienstposten, die Toyka bekleiden durfte - ganz zuletzt den des Stellvertretenden Kommandeurs an der höchsten Bildungsanstalt der Bundeswehr, der Führungsakademie.
lnsgesamt ein Buch, das man am liebsten nicht vor dem Schluss zur Seite legen würde - dazu ist es mit 295 Seiten leider zu lang.